Geleitwort des Landrats

„Dann, am 11. November [1918], dem Martinitag, kam die Revolution und der Waffenstillstand. Der Schlag betäubte schier. Ach, eine Donau voll Blut ist umsonst vergossen, ein Bodensee voll Tränen ist umsonst geweint. Alle Opfer sind vergeblich.“ Dieses bittere Fazit zog 1922 Josef Laub in seiner Kriegschronik der Stadt Mengen. Bereits dieses Zitat zeigt, wie erheblich die Folgen der über vier Jahre Krieg auch an der viel beschworenen „Heimatfront“ waren.

Diese Zeilen standen auch am Auftakt des Aufsatzbandes zu Oberschwaben im Ersten Weltkrieg, den der Landkreis Biberach 2014 herausgab. Hier waren die Beiträge der Tagung dokumentiert, die der Landkreis gemeinsam mit der Gesellschaft Oberschwaben veranstaltet hatte. Denn so sehr der Erste Weltkrieg als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ galt, so wenig war zu den Auswirkungen des Kriegs für Oberschwaben und für den Landkreis Biberach im Besonderen bekannt. Die Tagung gewährte Einblicke, warf aber auch viele neue Fragen auf.

Antworten auf viele dieser Fragen finden sich nun in diesem Buch „Oberschwaben im Ersten Weltkrieg – Eine Spurensuche im Kreis Biberach“. Dieses Werk ist das Ergebnis eines ungeheuren Kraftaktes, den die IG Heimatforschung im Kreis Biberach und der Familienkundliche Arbeitskreis Biberach gemeinsam in einem gut fünfjährigen Projekt gemeistert haben. Tausende Stunden haben die Forscherinnen und Forscher für ihre akribischen Recherchen investiert. Alleine der Datenbestand zu den rund 20.000 Kriegsteilnehmern, der dem gewichtigen Buch als zusätzliche DVD beiliegt, ringt Respekt für diesen ungeheuren Forscherfleiß ab.

„Oberschwaben im Ersten Weltkrieg – Eine Spurensuche im Kreis Biberach“ ist ein herausragendes Kompendium zu zahlreichen Aspekten der politischen, sozialen und kulturellen Geschichte des Landkreises Biberach. In dieser Fülle findet sich das für kaum einen anderen Landkreis in Deutschland.
Mein großer Dank gilt deshalb den vielen Heimatforscherinnen und Heimatforschern für ihr großes Engagement, das eine große Begeisterung für die Geschichte und die Liebe zur Heimat beweist. Stellvertretend für alle danke ich Johannes Angele und Wolfgang Merk, die mit ungeheurer Ausdauer als Koordinatoren das fünfjährige Forschungsprojekt mit diesem Buch zum Abschluss gebracht haben.

Der Erste Weltkrieg bedeutete in Oberschwaben den Einbruch der Moderne in eine traditionelle Lebenswelt. Auch wenn die Durchsetzung der Moderne in verschiedenen Bereichen zum Teil erst Jahre und Jahrzehnte später geschah, prägte der „moderne“ Krieg der Jahre 1914 bis 1918 den Erfahrungshorizont der Menschen entscheidend mit. Für die NS-Diktatur und vor allem die Zeit des Zweiten Weltkriegs kann das nicht unterschätzt werden.

August Bebel wird der kluge Satz zugeschrieben: „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten“. Damit ist jedoch kein nostalgischer Blick zurück gemeint, der die vermeintlich gute, alte Zeit verklärt: Die Lebens- und Arbeitsbedingungen unserer Vorfahren gerade im Ersten Weltkrieg waren alles andere als vergnüglich. Nein, vielmehr lassen sich an der Vergangenheit Maßstäbe dafür gewinnen, wie Wandlungsprozesse bewältigt werden können.

In „Oberschwaben im Ersten Weltkrieg – Eine Spurensuche im Kreis Biberach“ geht es eben nicht um einen österreichischen Thronfolger, einen zaudernden Reichskanzler oder einen säbelrasselnden Kaiser – hier findet sich unsere Geschichte, die Geschichte unserer Dörfer und unserer Vorfahren. Dem Werk wünsche ich deshalb möglichst viele Leserinnen und Leser.

Dr. Heiko Schmid
Landrat